The question of whether there is looted art in the Leopold Museum Vienna has lost none of its topicality. By next year’s 20th anniversary of the museum, not even 90% of the collection, some 3,760 works of art, willl have been researched.
The ongoing need for provenance research is part of the government’s funding programme despite the museum being a special case as it is not state-owned but a private foundation. It is however state-funded and since 2008 the government has financed 1.5 research positions.The dossiers on 312 works of art compiled by the two researchers Sonja Niederacher and Michael Wladika were submitted to an independent commission, but in the majority of cases the commission deemed that the status of the works could “not be assessed according to the current state of knowledge”.
The researchers’ contracts expired at the end of 2019 and the positions will soon be re-advertised. In future, the research dossiers will be assessed by the Federal Advisory Board. It is not clear if the Board will also be responsible for the 450 works of art from the Leopold private collection which the museum intends to take on permanent loan.
The following article was published first at Der Standard 13 July 2020
Provenienzforschung: Viele offene Fragen im Leopold-Museum
Von Olga Kronsteiner
Bei der staatlich subventionierten Provenienzforschung im Leopold-Museum kommt es zu Veränderungen: Eine Stelle soll neu ausgeschrieben werden
Hängt an den Wänden des Leopold-Museums Raubkunst? Hält man dort Objekte im Bestand, die in der NS-Zeit ihren jüdischen Besitzern geraubt wurden und restituiert gehören? So sehr dieser Fragenkomplex bei den Mitgliedern der Familie Leopold Schnappatmung hervorrufen mag: Er hat an Aktualität nichts verloren.
Denn ein evidenzbasiertes Nein wird es als Antwort noch lange nicht geben. Auch nicht im nächsten Jahr, wenn das 20-jährige Eröffnungsjubiläum des Museums zelebriert wird. Denn für mehr als 90 Prozent des Bestands wurde die Herkunft der Kunstwerke noch nicht geklärt.
Sonderfall, da nicht staatlich
Der anhaltende Bedarf an Provenienzforschung für den Bestand der Stiftung findet sich sogar im aktuellen Regierungsprogramm. Will heißen: Das Ministerium wird dieses Unterfangen weiter finanzieren. Ein Sonderfall, da es sich bei der Leopold-Museum-Privatstiftung um keine staatliche Institution handelt. Anders als bei Sammlungen des Bundes und der Länder wäre das seit 1998 gültige Kunstrückgabegesetz theoretisch nicht anwendbar.
Allerdings hatte sich die Republik das 1994 selbst eingebrockt. Zur Erinnerung: Rudolf Leopold brachte seine Sammlung in eine gemeinsam mit dem Staat errichtete Stiftung ein, bekam ein aus Steuergeld finanziertes Museum und eine Abgeltung für die 5.266 Werke umfassenden Kollektion in der Höhe von 160 Millionen Euro. Die ursprüngliche Annahme, das Museum könne sich selbst erhalten, musste aber flott zu Grabe getragen werden. Der laufende Betrieb bescherte Verluste, die mit öffentlichen Subventionen abgefedert werden. Zuletzt waren das 4,3 Millionen Euro jährlich.
Leopold macht Mauer
Damit handelt es sich also um ein vom Staat finanziertes, als Privatstiftung geführtes Museum. Angesichts potenzieller und erwiesener Fälle tobte jahrelang eine Debatte über eine Regelung der Restitutionsangelegenheiten. Rudolf Leopold und sein Umfeld wehrten sich vehement. Allfällige Restitutionen würden dem Stiftungszweck, die Sammlung auf Dauer zu erhalten, widersprechen, lautete das Argument.
Solche juristischen Spitzfindigkeiten sahen Kritiker als Verhöhnung all jener, die Opfer nationalsozialistischer Raubzüge geworden waren. Die Israelitische Kultusgemeinde, die einige Erben vertrat, trieb das auf die Barrikaden und ins Museumsquartier: “Tatort Raubkunst” titelte etwa eine Protestaktion 2008, bei der man den Zugang zum Museum mit gleichlautend bedruckten Absperrbändern verhinderte.
Eineinhalb Arbeitsplätze
Eine Zäsur bescherte die unter der ehemaligen Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) im gleichen Jahr getroffene Vereinbarung, die seither eine “gemeinsame Provenienzforschung” vorsieht. So finanzierte das Ministerium zuletzt 1,5 Arbeitsplätze für die systematische Erforschung des Bestands. Konkret geht es um rund 3.760 Werke, bei denen eine Entziehung aufgrund der Datierung vor 1945 nicht ausgeschlossen werden kann. Darunter sind auch Antiquitäten oder Grafiken, bei denen die Vorbesitzerchronik kaum rekonstruierbar sein wird.
Die von den Historikern Sonja Niederacher und Michael Wladika (Teilzeit) erarbeiteten Dossiers wurden der vom Bund unabhängigen Kommission unter der Leitung des ehemaligen Justizministers (1990–2000) Nikolaus Michalek vorgelegt: Diese entschied, ob, “stünde dieses Werk im Bundeseigentum und wäre das Kunstrückgabegesetz” anwendbar, der Tatbestand der Entziehung erfüllt wäre.
Eine Naturalrestitution
Letzteres konnte bei der Mehrheit der bislang 312 geprüften Objekte “nach derzeitigem Wissensstand nicht beurteilt” werden. Elfmal hätte das jeweilige Werk restituiert werden müssen. Nur bei einem erfolgte eine Naturalrestitution, bei den anderen kam es zu Vergleichen mit den Rechtsnachfolgern. So weit die vorläufige Bilanz, in der auch der für laufende Plausibilitätsprüfungen zuständige hauseigene Forscher erwähnt sei. Bei der staatlich subventionierten Provenienzforschung kommt es nun zu Veränderungen. Der Vertrag von Niederacher und Wladika lief Ende 2019 aus. Demnächst soll eine Stelle neu ausgeschrieben werden.
Die Prüfung und Beurteilung der Forschungsergebnisse erfolgt künftig über die Kommission des Bundes und deren Beirat. Ob sie sich auch für 450 “neue” Kunstwerke aus dem Privatbesitz der Familie Leopold zuständig sieht, die das Museum als Dauerleihgabe übernehmen will, ist offen.